Interview: Sophie Wachter - Fokus, Haltung, Wirkung

„Ich wollte wissen, wie weit ich kommen kann“ – Sophie Wachter im Interview

Sophie Wachter hat früh gelernt, für ihre Ziele zu kämpfen. Vom ersten Kata-Training bis zum WM-Titel und weiter ins eigene Business – sie zeigt, was möglich ist, wenn Leidenschaft auf klare Vision trifft. Ein Gespräch über Disziplin, Wandel und innere Stärke.

Sophie, du hast mit sechs Jahren die ersten Katas trainiert – Jahre später stehst du als Weltmeisterin auf der Matte. Was war dieser innere Antrieb, der dich all die Jahre durch Höhen und Tiefen getragen hat?

Der Traum war tatsächlich von Anfang an da. Ich erinnere mich noch genau: Mit sechs oder sieben Jahren habe ich in das Freundebuch meiner damals besten Freundin geschrieben, dass mein größter Wunsch ist, Karate-Weltmeisterin zu werden. Dieses Ziel hatte ich immer ganz klar vor Augen – und es hat mich durch viele Höhen, aber auch durch einige sehr harte Tiefen getragen.

Es gab Momente, in denen ich verletzt war, gezweifelt habe oder mich gefragt habe, ob ich weitermachen soll. Aber tief in mir war immer dieser Antrieb, dieses Bild, das ich von mir selbst hatte. Ich wollte es mir und der Welt beweisen – und ich wollte wissen, wie weit ich kommen kann, wenn ich wirklich alles gebe.

 

Gab es diesen einen Moment – vielleicht sogar einen konkreten Tag – an dem du gespürt hast: Jetzt beginnt ein neues Kapitel. Jetzt wird aus der Spitzensportlerin die Unternehmerin Sophie Wachter?

Es war weniger ein einzelner Tag – eher ein wachsendes Bewusstsein. Aber ein Schlüsselmoment war definitiv der Weltmeistertitel mit meinem Kata-Team im eigenen Land, vor über 10.000 Zuschauenden. Wir waren überzeugt: Jetzt wird unsere Randsportart endlich gesehen. Jetzt kommen auch Sponsoren. Immerhin hatten wir Geschichte geschrieben – für Karate in Deutschland.

Doch dann kam… nichts. Keine Angebote, keine Unterstützung. Und in dem Moment habe ich für mich beschlossen: Dann nehme ich es eben selbst in die Hand. Ich habe unser eigenes kleines "Management" gegründet, Sponsoren angeschrieben, Verträge verhandelt – und festgestellt, dass mir das richtig Spaß macht. Ich wollte wissen, wie weit ich auch auf diesem Terrain kommen kann.

Ich war Anfang 20 – und es gelang mir, durch die Sponsorengelder gleich drei Personen mitzufinanzieren. Rückblickend war das wahrscheinlich mein erster echter Schritt ins Unternehmertum.

 

Der Übergang von der Nationalmannschaft zur selbstständigen Unternehmerin – war das ein fließender Wandel oder eher ein mutiger Sprung ins Ungewisse?

Es war ein fließender Wandel – aber definitiv mit mutigen Entscheidungen verbunden. Wie bereits erwähnt, habe ich während meiner aktiven Zeit in der Nationalmannschaft eigenständig Sponsorenverträge verhandelt, mich um Kooperationen gekümmert und erste Lehrgangsanfragen angenommen.

Auch während meiner sechs Jahre in der Sportfördergruppe der Bundeswehr habe ich mein berufliches Netzwerk Schritt für Schritt selbst aufgebaut – einfach, weil es sonst niemand für mich getan hätte. Und obwohl ich durch die Bundeswehr strukturell gut abgesichert war, war mir früh klar: Wenn ich eines Tages aus der Sportfördergruppe ausscheide, möchte ich auf eigenen Beinen stehen – mit Karate, aber auch darüber hinaus.

Parallel zum Leistungssport habe ich Wirtschaftspsychologie studiert – nicht unbedingt mit dem Ziel, später klassisch in dem Beruf zu arbeiten, sondern um wirtschaftliche Zusammenhänge besser zu verstehen und mir fundiertes Wissen für unternehmerische Entscheidungen anzueignen.

Der Moment, plötzlich ohne das sichere Gehalt dazustehen, eigene Projekte zu stemmen und alles selbst zu organisieren, war herausfordernd – aber genau das hat mich auch gereizt.

 

Wer waren in dieser Phase deine stärksten Sparringspartner – gab es Mentoren, Vorbilder oder auch überraschende Unterstützer, die dich geprägt haben?

Ich hatte nie den einen Mentor, sondern viele verschiedene Menschen, die mich auf unterschiedliche Weise geprägt haben – im Sport wie im Business.

Auf meinem Karate-Weg hat mich mein Sensei Efthimios Karamitsos stark beeinflusst. Ich war schon als Kind regelmäßig auf seinen Lehrgängen, habe beobachtet, wie er mit Menschen umgeht, wie viel Klarheit, Disziplin und gleichzeitig Empathie er verkörpert. Später durfte ich selbst als Trainerin auf seinen Lehrgängen mitwirken und wir haben viele wertvolle Gespräche geführt – die bis heute anhalten.

Auch meine Familie war und ist eine große Unterstützung – nicht nur emotional, sondern auch ganz praktisch. Viele aus meiner Familie kennen die Karatewelt sehr gut und konnten mir wertvolle Tipps geben, wie ich das Thema Lehrgänge und Selbstständigkeit strategisch aufbauen kann. Besonders mein Schwager und meine Schwester standen (und stehen) mir oft mit Rat zur Seite – beim Abendessen, am Telefon oder auch mal zwischen Tür und Angel. Diese Gespräche waren für mich extrem wertvoll.

Und dann ist da meine beste Freundin: ehrgeizig, reflektiert, seit Jahren erfolgreich in ihrer Branche. Wir haben uns früh angefangen auszutauschen, gegenseitig motiviert und unterstützt – als echte Sparringspartnerinnen. Heute ist sie meine Managerin und wir wachsen gemeinsam weiter. Es ist unglaublich wertvoll, mit jemandem an der Seite zu gehen, der nicht nur an dich glaubt, sondern auch deine Vision teilt.

 

Was sind die wichtigsten Fähigkeiten oder Prinzipien aus dem Karate, die du heute 1:1 in deinem Business-Alltag anwendest – vielleicht sogar, ohne groß darüber nachzudenken?

Ein ganz zentrales Prinzip ist für mich der Fokus. Im Karate lernst du, im entscheidenden Moment alles andere auszublenden und dich voll auf eine Sache zu konzentrieren. Genau das hilft mir auch im Business: Prioritäten setzen, klar bleiben, nicht verzetteln.

Dazu kommt eine gewisse Haltung – im Außen wie im Innen. Ich trete aufrecht auf, im wahrsten Sinne des Wortes, aber ich bringe auch eine innere Klarheit und Stabilität mit, die mir im Umgang mit Herausforderungen hilft. Diese Haltung ist tief in mir verankert – nicht aufgesetzt, sondern durch den Sport gewachsen.

Zielstrebigkeit gehört natürlich auch dazu. Ich habe gelernt, langfristig zu denken und für ein Ziel zu arbeiten, auch wenn der Weg dorthin nicht immer gerade ist. Und vielleicht am wichtigsten: der respektvolle Umgang mit anderen Menschen. Im Karate gehört Respekt zur Basis – und das prägt auch meine Kommunikation im Business. Egal ob mit Kund:innen, Partnern oder Mitarbeitenden: Wertschätzung und Klarheit gehören für mich zusammen.

 

Gibt es Momente im Berufsleben, in denen du dir innerlich sagst: Jetzt brauche ich mein Karate-Mindset – Fokus, Ruhe, Kontrolle?

Absolut. Gerade wenn Dinge nicht sofort funktionieren oder ich das Gefühl habe, unter meinen eigenen Erwartungen zu bleiben, erinnere ich mich an meinen Weg im Karate. Ich mache diesen Sport seit über 25 Jahren – und die waren nicht durchgehend von Erfolgen geprägt. Es gab lange Durststrecken, Phasen voller Zweifel und Rückschläge. Aber ich habe nie aufgegeben, weil ich ein übergeordnetes Ziel hatte: Weltmeisterin werden.

Und genau dieses Mindset – dranbleiben, auch wenn es unbequem wird – übertrage ich heute auf mein Business. Nur weil etwas nicht auf Anhieb gelingt, heißt das nicht, dass es nicht möglich ist. Im Gegenteil: Ich habe gelernt, dass gerade die schwierigen Phasen oft die wichtigsten sind, um über sich hinauszuwachsen.

Dann brauche ich meinen Fokus, meine innere Ruhe und die Überzeugung: Ich werde einen Weg finden. Vielleicht nicht sofort. Vielleicht anders als geplant. Aber ich vertraue darauf, dass ich es hinbekomme – weil ich weiß, was in mir steckt.
Und wenn’s mal richtig kracht und ich einen dieser ganz schlechten Tage habe, dann rufe ich meine beste Freundin an – meine größte Unterstützerin, die mir in solchen Momenten eine ehrliche Motivationsrede hält und mir liebevoll den nötigen Tritt in den Hintern verpasst. Danach geht’s meistens wieder.

Kata lebt von Präzision, ständiger Wiederholung und dem Streben nach Perfektion – wie wichtig sind diese Prinzipien auch im unternehmerischen Denken und Handeln?

Perfektionismus ist für mich Fluch und Segen zugleich – und ehrlich gesagt ein Thema, das mich schon mein ganzes Leben begleitet. Wenn du nicht bereit bist, stundenlang an derselben Technik zu feilen, dann bist du im Kata-Bereich falsch. Es ist langatmig, manchmal zermürbend, aber genau dieses Durchhaltevermögen bringt dich irgendwann auf ein neues Level.

Dieses Prinzip überträgt sich auch auf meinen Arbeitsalltag. Ich arbeite extrem genau, habe einen hohen Anspruch an mich selbst – und gleichzeitig fällt es mir manchmal schwer, den richtigen Absprung zu finden. Während meines Studiums war das sehr deutlich: Ich war oft überzeugt, dass meine Hausarbeiten oder meine Bachelorarbeit noch nicht gut genug seien. Am Ende bekam ich eine 1,0 – und wenn es mal „nur“ eine 1,2 war, hat mich das fast schon geärgert.

Witzigerweise kenne ich dieses Gefühl nur in Bereichen, die mir wirklich wichtig sind. In der Schule früher war das ganz anders – da lag mein Fokus komplett auf Karate und den Rest habe ich einfach so durchgezogen.

Ich glaube, ein gewisser Perfektionsanspruch ist absolut hilfreich – gerade im Unternehmertum. Aber man muss lernen, den Moment zu erkennen, in dem es gut ist. In dem es reicht. Und dann: loslassen, raus damit, let’s go.

 

Du bewegst dich als junge Frau selbstbewusst in einer Businesswelt, die oft noch männlich dominiert ist. Inwiefern hat dich dein sportlicher Hintergrund dabei gestärkt – mental wie körperlich?

Ich bin mit Brüdern aufgewachsen, mein Schwager gehört auch schon lange zur Familie – wir haben gemeinsam trainiert, diskutiert, gestritten. Ich musste früh lernen, mich zu behaupten – körperlich wie verbal. Und genau das hat mir ein starkes Fundament gegeben: eine klare Haltung, Willenskraft und ein „Jetzt-erst-recht“-Mindset, das mich bis heute trägt.

Im Karate zählt nicht dein Geschlecht, sondern deine Leistung. Deine Haltung. Deine Präsenz. Und genau das nehme ich mit ins Business. Ich weiß, was ich kann – und ich arbeite hart dafür. Ich bin nicht die Lauteste im Raum, aber ich weiß, wann ich klar auftreten und Grenzen setzen muss.

Trotzdem: Wenn ich auf offenes oder unterschwellig misogynes Verhalten stoße, trifft mich das. Weil ich es einfach nicht nachvollziehen kann, warum immer noch zwischen Männern und Frauen in Sachen Wertigkeit, Kompetenz oder Entscheidungsfähigkeit unterschieden wird. Natürlich gibt es Unterschiede – aber keine, die etwas über Fähigkeiten oder Berechtigung aussagen.

Ich spiele nicht immer mit dem besten Blatt – aber ich habe gelernt, aus jeder Hand das Maximum rauszuholen. Oder es zumindest zu versuchen.

 

Was war bislang deine größte Herausforderung als Unternehmerin – ein Rückschlag, ein Konflikt, ein Scheitern? Und wie hast du dich daraus wieder „aufgestellt“?

Eine meiner größten Herausforderungen ist meine eigene Erwartungshaltung. Als Sportlerin habe ich gelernt, über Jahre hinweg auf ein Ziel hinzuarbeiten, Rückschläge in Kauf zu nehmen und trotzdem weiterzumachen. Aber im Unternehmertum tappe ich manchmal in die Falle, zu glauben, dass alles sofort funktionieren muss.

Dann erinnere ich mich bewusst an meinen sportlichen Weg: Wie viele Jahre es gedauert hat, bis ich überhaupt in den Nationalkader kam. Wie oft ich denselben Wettkampf verloren habe, bevor ich ihn endlich gewinnen konnte. Und wie viel Geduld, Disziplin und innere Stärke es gebraucht hat, um Weltmeisterin zu werden.

Diesen Perspektivwechsel brauche ich auch im Business immer wieder. Er hilft mir, mich nicht von kurzfristigen Rückschlägen entmutigen zu lassen, sondern weiter dranzubleiben – mit dem Vertrauen, dass echte Entwicklung Zeit braucht. Und dass Scheitern nicht das Ende ist, sondern oft der Anfang von etwas, das noch besser werden kann.

 

Gibt es ein Projekt, ein Event oder einen Meilenstein in deiner Selbstständigkeit, auf den du besonders stolz bist – weil du dabei über dich hinausgewachsen bist?

Definitiv. Einer der prägendsten Momente war mein Auftritt beim Wacken Open Air – dem größten Heavy-Metal-Festival Europas. Ich stand dort auf einer Bühne und habe mit über 300 Metalheads Karate gemacht. Und das war wirklich ein Schritt ins Unbekannte.

Klar, wenn ich in der Karate-Welt Seminare gebe, fühle ich mich sicher – die Leute kommen wegen des Sports, sie wissen, wer ich bin und was sie erwartet. Aber Wacken war etwas völlig anderes. Niemand wusste, was passiert, wenn ich dort plötzlich Karate unterrichte. Es hätte genauso gut floppen können – dass niemand mitmacht, dass ich auf der Bühne stehe und ins Leere spreche oder die Leute einfach wieder gehen.

Meine beste Freundin – gleichzeitig auch meine Managerin – hat mich damals zu diesem Schritt ermutigt. Sie hatte in dem Moment mehr Vertrauen in mich als ich selbst. Und ich bin so froh, dass ich es gemacht habe. Denn es hat funktioniert. Sogar mehr als das: Die Masse hat unfassbar krass mitgemacht, die Energie war unglaublich.

Und dann dieser verrückte Moment: Mein Name stand auf der offiziellen Running Order – direkt neben weltbekannten Bands. Ich hab’s gesehen und dachte nur: Wie absurd genial ist das bitte? Karate. Auf dem Wacken-Open-Air. Und ich mittendrin.

Ein Moment, der mich stolz gemacht hat. Weil ich meine Komfortzone verlassen habe – und weil ich dadurch zeigen konnte, dass Karate auch außerhalb der klassischen Dojo-Welt relevant und bewegend sein kann.

 

Erfolg als Leistungssportlerin und Erfolg als Unternehmerin – zwei völlig verschiedene Welten oder überraschend ähnlich?

Ich glaube, das hängt stark davon ab, wie man Erfolg für sich selbst definiert. Geht es um Geld? Sichtbarkeit? Aufträge? Oder geht es um das Gefühl, wirklich das zu tun, was man liebt – auf seine eigene Art?

Für mich ist beides gar nicht so verschieden. Im Karate habe ich früh gelernt, mein Ding durchzuziehen – auch wenn es Gegenwind gab. Lehrer, Kritiker, Menschen, die nicht an mich geglaubt haben oder mich belächelt haben. Und trotzdem bin ich meinen Weg gegangen. Nicht laut, aber konsequent

Heute, in meiner Selbstständigkeit, ist es ähnlich. Ich definiere Erfolg nicht allein über Zahlen oder Reichweiten, sondern über das Gefühl, dass ich das leben darf, was mich erfüllt. Und dass ich das auf authentische Weise tue.

Zielstrebigkeit, Durchhaltevermögen und ein starker innerer Kompass – das sind die Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Unternehmertum. Und solange ich meinem Weg treu bleibe, ist das für mich schon Erfolg.

 

Du wirst oft als Powerfrau bezeichnet – was bedeutet dieser Begriff für dich persönlich? Und: Ist „Power“ etwas, das man lernen kann?

Ach, der Begriff Powerfrau… Ich weiß, dass er meistens positiv gemeint ist, aber ehrlich gesagt tue ich mich manchmal schwer damit. Weil: Ein Mann, der erfolgreich ist, der seinen Weg geht, wird selten als Powermann bezeichnet. Warum also diese zusätzliche Kategorie für Frauen? Es klingt irgendwie nach Ausnahmeerscheinung – dabei sollte es längst Normalität sein.

Trotzdem: Power im eigentlichen Sinne – also innere Stärke, Klarheit, Haltung – die braucht man. Für sich selbst, für den eigenen Weg, für die Entscheidungen, die man trifft. Für mich hat das viel mit einer inneren Ausrichtung zu tun: sich selbst ernst zu nehmen, Verantwortung zu übernehmen und konsequent zu handeln – auch wenn’s unbequem wird.

Und ja, ich glaube, man kann das lernen. Man wächst da rein. Auch wenn man spürt, wofür man brennt und was die Antreiber sind. Daraus schöpft man auch power.

Welche Botschaft oder welchen Rat gibst du jungen Frauen mit auf den Weg, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen oder in Führungsrollen aufsteigen möchten?

Vertrau auf dein Bauchgefühl – und wenn du spürst, dass etwas für dich richtig ist, dann geh diesen Weg auch konsequent. Klar, strukturiert, ohne dich ständig zu rechtfertigen. Es wird Widerstände geben – von außen, aber manchmal auch von innen. Und gerade dann ist es wichtig, nicht ins Wanken zu geraten.

Ich glaube, es ist essenziell, dass wir lernen, unseren eigenen Wert zu erkennen – und ihn auch klar zu vertreten. Das bedeutet: genauso hart zu verhandeln, wie es viele Männer tun. Dinge einzufordern, statt nur auf Anerkennung zu hoffen. Nicht, weil wir es müssen, sondern weil wir es können – und weil wir es wert sind.

Ich mag diese ständige Mann-Frau-Gegenüberstellung eigentlich nicht besonders. Aber manchmal ist es wichtig, hinzuschauen. Und sich dann ganz bewusst dafür zu entscheiden, wie man selbst auftreten möchte – klar, respektvoll, mutig. Und vor allem: echt.

 

Du bist Karate-Coach, Selbstverteidigungslehrerin, Markenbotschafterin, Speakerin – was ist die tiefere Mission hinter all dem, was du tust?

Schon als Kind fand ich es beeindruckend, wenn Sportler:innen oder Menschen in der Öffentlichkeit ihre Stimme für etwas Größeres genutzt haben. Nicht nur für den eigenen Erfolg – sondern für Werte, für Haltung, für andere Menschen. Das hat mich geprägt. Und genau das versuche ich heute auch: meine Reichweite sinnvoll einzusetzen.

Ich habe einen starken Gerechtigkeitssinn und ein tiefes Bedürfnis nach Chancengleichheit – besonders für Frauen, für Kinder, für alle, die vielleicht nicht mit den besten Startbedingungen losgehen. Mit dem, was ich tue, möchte ich Menschen stärken – durch Selbstverteidigung, durch mentale Impulse, durch Präsenz.

Auf meinem eigenen Weg musste ich viele Rückschläge einstecken – auch solche, die schlichtweg unfair waren. Ich weiß, wie sich das anfühlt, und ich möchte anderen diesen Schmerz ersparen. Deshalb habe ich z. B. mitgeholfen, die hessische Athletenvertretung mitzugründen – um jungen Athlet:innen Anlaufstellen zu bieten, wenn sie ungerecht behandelt werden oder keine Stimme haben. Ich will Strukturen schaffen, die schützen und stärken – nicht nur individuell, sondern auch systemisch.

Ich möchte meiner Sportart mehr Gehör verschaffen, Klischees aufbrechen und zeigen, dass Stärke viele Gesichter haben kann. Und ich will die Erfahrungen, die ich auf meinem Weg gemacht habe – mit allen Höhen und Tiefen – weitergeben. Wenn andere dadurch Mut schöpfen, sich selbst treu zu bleiben und für sich einzustehen, dann erfüllt das meine Arbeit mit echter Bedeutung.

 

Welche gesellschaftliche Rolle können – oder sollten – ehemalige Spitzensportlerinnen im Business, in der Bildung oder in der Politik spielen?

Ich finde, es ist ein großer Unterschied, ob man über ein System spricht – oder ob man es selbst durchlaufen hat. Viele Entscheidungen im Sport, in der Bildung oder auch in der Politik werden von Menschen getroffen, die selbst nie in diesen Strukturen aktiv waren. Und so gut die Absichten manchmal auch sind: Wer nie in unseren Schuhen gelaufen ist, kann oft nicht nachvollziehen, wie es sich wirklich anfühlt.

Ehemalige Spitzensportler:innen bringen genau diesen Erfahrungsschatz mit. Wir kennen die Realität hinter den Kulissen – nicht nur das Podium, sondern auch den Druck, das Training, die mentalen Kämpfe, die strukturellen Herausforderungen. Und genau deshalb sollten wir mehr Verantwortung übernehmen – nicht nur als Vorbilder, sondern auch aktiv in Entscheidungsprozessen.

Ja, es kostet Energie, sich da immer wieder einzubringen. Aber wenn wir wollen, dass sich wirklich etwas bewegt – für die Generation nach uns – dann reicht es nicht, nur zuzuschauen. Dann müssen wir auch bereit sein, unsere Erfahrungen einzubringen. Im Business. In der Bildung. Und manchmal eben auch in der Politik.

 

Was ist dein Lieblingsritual vor einem wichtigen Vortrag oder einem Business-Termin – irgendetwas, das noch aus deiner Zeit als Athletin stammt?

Definitiv. Ich habe das große Glück gehabt, mit einem herausragenden Mentaltrainer – Andreas Ginger – zusammenzuarbeiten, insbesondere in der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Bremen. Von ihm habe ich extrem viel gelernt, das ich bis heute nutze. Eines der kraftvollsten Tools: Visualisierung.

Wenn ich heute auf eine Bühne gehe, sei es für eine Keynote oder einen Business-Termin, stelle ich mir ganz bewusst vor, wie ich dort stehe. Wie ich spreche. Wie ich Raum einnehme. Wie ich die Menschen erreiche. Das gibt mir Sicherheit – besonders, weil ich in der Businesswelt immer wieder auf neue Bühnen trete, wo mich die Leute nicht kennen wie in der Karate-Welt.

Ein weiteres Ritual stammt aus meiner Sporthypnose-Ausbildung bei Dr. Marco Rathschlag, mit dem ich auch gearbeitet habe. Atemübungen wie Box-Breathing helfen mir, mich zu zentrieren und präsent zu sein. Im Wettkampf habe ich früher kurz vor dem Start die Augen geschlossen, tief geatmet und mit einem lauten Kiai den Fokus aktiviert. Nach dem Motte: Druck raus – Fokus rein. Im Business-Kontext lasse ich den Kampfschrei meistens weg – aber ein kraftvolles, bewusstes Ausatmen und ein inneres „Let’s go! Du schaffst das!“ gehören bis heute zu meinem Standard.

Es klingt vielleicht simpel – aber sich selbst nochmal mit Klarheit und Energie zu begegnen, bevor es losgeht, ist für mich der wichtigste mentale Anker.

 

Wenn du eine Kata für dein Unternehmerinnenleben schreiben müsstest – wie würde sie heißen?

Über diese Frage musste ich tatsächlich lange nachdenken – sie ist gar nicht so leicht zu beantworten. Aber ich glaube, sie würde den Titel „Shin Gi Tai“ tragen. Das ist ein klassisches Prinzip aus dem Karate, das für die Einheit von Geist (Shin), Technik (Gi) und Körper/Herz (Tai) steht. Manche übersetzen es auch mit „Herz“ statt „Körper“ – und genau dieser ganzheitliche Ansatz ist es, der mich auch in meinem Business-Leben leitet.

Denn genauso wie im Karate funktioniert auch Unternehmertum nicht nur über Technik oder Strategie allein. Es braucht den klaren Kopf, das Fachliche – aber auch Herz, Intuition und Körpergefühl. Die drei Elemente beeinflussen sich gegenseitig. Nur wenn sie im Einklang sind, entsteht echte Stärke – im Dojo genauso wie im Alltag als Unternehmerin.

 

Und ganz zum Schluss: Wenn du dich in fünf oder zehn Jahren siehst – was hat sich verändert, was bleibt gleich, und was willst du bis dahin unbedingt erreicht haben?

Das ist wahrscheinlich die schwierigste Frage im ganzen Interview – gerade weil ich aus dem Leistungssport komme. Dort ist immer alles genau getaktet: Du weißt, wann die nächste Meisterschaft ansteht, in welchen Zyklen du arbeitest, was du erreichen willst. Ziele sind klar definiert, greifbar, messbar. Immer.

Aber das Leben hat mich gelehrt, dass es oft anders kommt. Und gerade in den letzten Jahren gab es auch privat und familiär sehr schwere Momente, die mir gezeigt haben, wie wenig planbar manches ist – und wie wichtig es ist, mit dem zu gehen, was gerade wirklich zählt

Was ich aber sicher sagen kann: Karate wird immer ein Teil meines Lebens sein. Ich liebe es, zu coachen – und vor allem zu sehen, wie sich meine Athlet:innen entwickeln. Ich möchte Karate künftig noch stärker mit dem Business-Kontext verbinden – nicht nur auf physischer Ebene. Da liegt viel Potenzial.

Und mein eigentliches Ziel? Zufrieden sein. Nicht nur To-dos abhaken oder Punkte auf einer Liste sammeln, sondern wirklich im Reinen mit dem sein, was ich tue. Glücklich zu sein mit dem, wie ich arbeite, mit wem ich arbeite – und wer ich dabei bin.

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Die World Karate Federation (WKF) ist eine weltweite Karate-Organisation, die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt ist und mehr als 10 Millionen Mitglieder in 188 Ländern zählt. Die WKF organisiert die Karate-Weltmeisterschaften, die alle zwei Jahre stattfinden.

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